Bericht von der ReConf 2012

Hallo,

anbei mein Bericht vom ersten Tag der ReConf 2012.

Insgesamt sehr spannend, gerade das Spannungsfeld der althergebrachten RE mit Agilität zu spüren. Beides kein Allheilmittel ist mein Konsens – aber im Detail siehe unten.

Liebe Grüße
Wolfgang

ALLGEMEINES

Die guten Nachrichten: das Thema Requirements wird scheinbar immer interessanter, die ReConf ist heuer um weitere 100 Teilnehmer auf >500 gewachsen. Das Thema Agil wird immer wichtiger in der Requirements Community. Die schlechte Nachricht: von den 4 Keynotes war keiner zum Thema Agilität und Requirements, von  den restlichen Vorträgen gerade mal 21% zum Thema.

Mein Track „Requirements und Agilität“ war ganz gut besucht (ca. 70 Leute waren konstant bei den 5 Präsentationen, weniger positiv gesprochen: trotzdem war die Mehrheit >400 Leute in den anderen 4 Tracks :-).

KONSENS&DISSENS zu meinem Vortrag

Nach meinem Vortrag (–> Praxisbericht Use Cases in agilen Projekten bei Raiffeisen Solution) herrschte Übereinstimmung zu folgenden Punkten:

  • Das Begriffswirrwarr (Epics, User Stories, Use Cases, Story Maps, ….) das durch die Vermischung agiler und RE Praktiken entsteht macht das Thema unübersichtlich.
  •  Use Cases sind in der agilen Community ein „No-No“, hier scheint einiges an verbrannter Erde aus der Wasserfalltradition und den bis auf den letzten Beistrich ausdefinierten Uses Cases entstanden zu sein.
  • Es braucht ein den User Story übergeordnetes fachliches Strukturierungsmittel – in meinem Vortrag sind das die „Use Cases“, andere bezeichnen das als Epics etc. Als ich den Aufbau unserer Use Cases präsentiert habe kam von einigen Zuhörern ein „das machen wir fast genauso, nur bei uns heisst das XYZ“
  •  Modellierung (Use Cases, Objektmodelle, Masken, etc.) soll zunächst interaktiv auf Papier passieren und erst nachträglich ins Tool übertragen werden

Dissens entstand wie zu erwarten war mit Menschen die stärker aus der agilen Community kamen und sich noch wenig mit dem RE Thema beschäftigt haben und rein auf „USer Stories“ als Spezifikationen setzen.

Angesprochen wurde ich nach dem Vortrag von einigen langgedienten Analytikeren die nach wie vor aus voller Überzeugung auf Use Cases und klassische RE Methoden setzen, so wie „endlich jemand der das Use Case Thema auch in der Agilen Welt für „cool“ hält.

GUTE PRÄSENTATIONEN
(die Folien dazu werden in Kürze auf der ReConf Homepage verfügbar sein)
„Interaktive Modellierung im Team“ (Hood)
Der gute Vortrag zeigte anhand eines durchgespielten einfachen Beispiels zu welchem Zeitpunkt typischerweise welche Modelle (Use Case Diagramm, Mockups, Ablaufdiagramme). Spannend dabei: das war nahezu 1:1 wie das was ich als Raiffeisen Solution Ansatz präsentiert habe, teilweise unter anderen Namen.

 – „Drei Metapattern des Requirements Engineering“ (oose)
Folien: Meta-Patterns-Requirements-Engineering.weilkiens.oose
Der Autor des brillianten Vortrags stellt drei Pattern vor, wie sie sowohl im klassischen als auch agilen RE vorkommen. Eine der Aussagen: RE hat in sich etwas träges, die Verwaltung von Trivialitäten nach genau vorgegebenem Prozess steht oft im Vordergrund vor Innovation und Kreativität. Kernaussage: So gehts in RE nicht weiter, wenig Fortschritt“ – „Wir haben einen guten Methodenkoffer, er wird aber zu wenig „meisterlich“ eingesetzt. d.h. die richtige Methode zum richtigen Problem/Projektumfeld wird sehr selten ausgewählt.

Inhalt: – „Scrum ohne Murcs“ 
Folien: UPscaled Scrum ohne murcS
Ein ziemlich „augenöffnender“ und humoresker Vortrag, nicht wieder blind dem nächsten Hype hinterherzulaufen!

Scrum wird derzeit in vielen Firmen unreflektiert als Allheilmittel verwendet.
Die Aussage „Scrum führt zu besseren Produkten und das billiger“ ist laut Autor nirgendwo empirisch belegt, Scrum stellt das aber in den Raum.

Der Vortrag relativiert Scrum als Allheilmittel stark. z.B. sind eine Vielzahl bestehender Firmen kulturell „Controll“ orientiert und das macht in diesen Branchen oft auch Sinn (z.B. Brückenbau, Medizintechnik). Scrum kommt so daher dass sich die Unternehmenskultur halt an Scrum anpassen soll, was auch etwas naiv ist – in solchen Umfeldern macht oft KANBAN Sinn.
Ob Scrum in großen Projekten skaliert wird auch sehr hinterfragt

Ein weiteres Beispiel: Wenn ich von Wien nach Hamburg fahren will dann tue ich das nicht agil sondern plane genau im Vornherein und überprüfe nicht in Salzburg ob es nicht eine bessere Verbindung gibt. Agilität hat hier einfach keinen Sinn weil die „Domäne“ sicher und bekannt ist. Wenn nun die Bahn streiken würde (hohes Maß an Ungewissheit) dann macht
Agilität sinn. Der Vortrag gibt ca. 12 Kriterien wann eher Agilität und wann eher vorab geplantes Vorgehen sinn macht.

ZUSAMMENFASSUNG

  • Weiterhin ist ein starker Bruch zwischen der agilen und der RE Community spürbar. Die Agile Community geht sehr naiv mit RE um und es gab einen Vortrag eines agile Begeisterten, der User Stories als alleinige Anforderungsspezifikation sieht und dabei aber sehr dünn blieb – aus meiner Sicht eine klare Missverwendung des Konzepts
  • Auf der anderen Seite empfinden manche Analytiker mit langjähriger Erfahrung den sehr schwach reflektierten Hype zu Scrum als Bedrohung etablierter Techniken.
  • Mehrmals wurde spürbar dass es eine Sehnsucht danach gibt nach Jahrzehnten endlich das Thema RE so aufzusetzen dass es nachweislich zu besseren Ergebnissen führt. Am ehesten als sich Vertreter der Agilität und der Althergebrachten RE im selben Raum befanden

Ein Gedanke zu „Bericht von der ReConf 2012

  1. Danke Wolfgang, für die Zusammenfassung! Ich war am heutigen Tag leider doch noch nicht bei der Konferenz – und hab so auch deinen Vortrag verpasst. Ich hoffe wir sehen uns morgen!

    Liebe Grüße,
    Peter

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